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Keine Angst vor Vollnarkosen bei kleinen Herzkindern

Verantwortlicher Autor: Universitätsklinikum Bonn (UKB) Bonn, 21.09.2020, 17:27 Uhr
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Bonn [ENA] Keine Angst vor Vollnarkosen bei kleinen Herzkindern. Kinderanästhesist Prof. Ehrenfried Schindler zum diesjährigen Weltherztag. Etwa 6.000 bis 8.000 Kinder kommen in Deutschland jedes Jahr mit einem Herzfehler zur Welt. Dank des großen medizinischen Fortschritts erreichen zurzeit 90 Prozent von ihnen das Erwachsenenalter. Dazu benötigen viele der herzkranken Kinder aber schon früh einen Eingriff am Herzen

verbunden mit einer Vollnarkose – also in der Zeit der Hirnreifung. Es wird zum Teil befürchtet, dass durch Narkosemittel beispielsweise deren kognitive Entwicklung beeinträchtigt wird und möglicherweise später Lernprobleme auftreten. Anlässlich des diesjährigen Weltherztages am 29. September, eine Initiative der World Heart Federation (WHF), erklärt Prof. Dr. Ehrenfried Schindler, Leiter der Kinderanästhesiologie am Universitätsklinikum Bonn, warum Narkosen für pädriatische Patienten heutzutage sehr sicher sind, Sind die Befürchtungen bezüglich kognitiver Einschränkungen aufgrund einer Narkose im Säuglings- oder Kleinkindalters berechtigt?

Prof. Schindler: Nein! Laut derzeitiger Studienlage besteht kein Zusammenhang zwischen einer Narkose und späteren schulischen Leistungen der Kinder. Eine große schwedische Studie zeigte sogar, dass beispielsweise der Bildungsgrad der Eltern einen hohen Einfluss auf den Schulerfolg habe, anders als eine Operation im frühen Kindesalter. Ruhigen Gewissens können wir Kinderanästhesisten daher den Eltern sagen, dass sie keine Angst vor Narkosemitteln haben müssen. Gerade bei herzkranken Kinder ist eine Narkose notwendig, um deren schwere Erkrankung erfolgreich behandeln zu können. Es wäre viel gefährlicher, eine notwendige Operation zu verschieben. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Was macht eine Anästhesie bei ihnen sicher?

Prof. Schindler: Es kommt vor allem auf die Vorbereitung und Anästhesieführung an. Es gibt zehn Basiskriterien, die wir beachten müssen, wie eine normale Herzfrequenz, keinen Schmerz, den Blutfluss im Gehirn und die richtige Beatmung. Denn je kleiner die Patienten sind, desto intoleranter sind sie auch für einen Sauerstoffmangel. Bei einem Kind unter drei Jahren ist die Komplikationsrate höher als bei einem Erwachsenen. Wir müssen uns immer vor Augen halten, wie klein die Blutgefäße und unreif die Organe noch sind. Ein Säugling ist viel verletzlicher als ein Erwachsener.

Aber auch die technische Ausstattung, die uns heute zur Verfügung steht, spielt eine Rolle für die Sicherheit. Wir können so jederzeit während der Narkose unter anderem die Sauerstoffkonzentration im Gehirn, die Hirnströme oder die Herzfunktion kontrollieren. Spielt für die Sicherheit der Anästhesie auch die Erfahrung des Anästhesisten eine Rolle? Prof. Schindler: Absolut! – wir bilden in Deutschland Generalisten aus, das heißt ein Anästhesist, der hautsächlich Erwachsene narkotisiert, darf praktisch auch jedes Kind egal welches Alters behandeln. Studien zeigen jedoch, dass die Erfahrung mit kleinsten Patienten eine sehr große Rolle spielt.

In Deutschland ist diese Spezialisierung noch nicht weit vorangetrieben und wir hier in Bonn sind mit meiner Professur für Kinderanästhesiologie in dieser Sache Vorreiter. Sie haben viel Erfahrung bei der Behandlung von ganz kleinen Kindern mit angeborenen Herzfehlern. Was ist bei ihnen besonders zu beachten? Prof. Schindler: Das Herz ist ein zentrales Organ und hält den Kreislauf aufrecht. Hat ein Säugling beispielsweise nur eine Herzkammer, muss man während des Eingriffs darauf achten, dass die Sauerstoffsättigung während des Eingriffs nicht dramatisch abfällt. Durch die Narkoseführung oder auch die Art der Beatmung kann die Blutzirkulation wie gewünscht beeinflusst werden.

Oft kommen bei den herzkranken Kindern weitere angeborene Fehlbildungen hinzu. Bei manchen kann dadurch zum Beispiel eine Intubation erschwert sein. Insgesamt gesehen wirkt es sich positiv aus, den Beatmungsschlauch möglichst früh zu entfernen. Die keinen Patienten profitieren massiv von einer frühzeitigen Extubation und raschen Mobilisierung. So können wir Verletzungen des Kehlkopfs und Kreislaufprobleme nach der Operation reduzieren. Außerdem müssen wir so viel weniger Medikamente einsetzen.“

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